Datum/Zeit
4. September 2017 - 10. September 2017
Ganztägig
Haben Sie schon einmal ein Mitglied eines Maturaball-Komitees erlebt, das nicht behauptet hätte, daran beteiligt gewesen zu sein, den „Ball der Bälle“ zu organisieren? Trotz des vergleichbar im Raum stehenden Bias wurden wir JahressprecherInnen gebeten, einen kurzen Rückblick auf die Sommerakademie 2017 zu geben. Und, was sollen wir sagen? Es war von der Anreise weg, über die Vorträge und Gespräche, die Tage und Nächte bis zur Heimfahrt – Ausnahmezustand – Lernen, Denken, Erleben – Sommerakademie halt. In der Vorbereitung schien es fast unmöglich, ein so breites Thema wie Beziehungen umfassend zu präsentieren, ohne dabei in die Beliebigkeit abzugleiten. Dieser Spagat ist unserer Meinung nach gelungen. Um einen Vorgeschmack auf die spannenden Zusammenfassungen zu geben, wollen wir die verschiedenen Themenblöcke, in denen das Jahresthema „Beziehungen“ auf der Sommerakademie gedacht wurde, erläutern.
Da bei der vergangenen Sommerakademie das Thema „Liebe“ in der letzten Runde ausgeschieden ist, war es uns ein Anliegen, Liebe und zwischenmenschlichen Beziehungen in den Vorträgen genug Raum zu geben. Die Leitfragen war: Wie organisiert sich Familie und Beziehung aus soziologischen und juristischen Gesichtspunkten und welchen Einfluss nimmt dies auf die kindliche Entwicklung? Unvergessen der Apell der Familienrichterin Doris Täubl-Weinreich: „Wenn eine Beziehung nicht gut läuft – bitte heiratet nicht!“ Dem Ansatz, Beziehung vom Menschen ausgehend zu denken, ist die große Anzahl an medizinischen Vorträgen geschuldet. Wie interagiert unser Körper mit den 1,5 kg Bakterien im Verdauungstrakt oder mit Medikamenten? Wie können Menschen mit physischer Beeinträchtigung, wie einer verlorenen Hand, oder mit psychischen Beeinträchtigungen, wie Autismus, mit ihrer Umwelt in Beziehung treten? Natürlich wurden Beziehungen auch grundsätzlich, u.a. anhand der Überlegungen des antiken Philosophen Aristoteles, ergründet: Was sind Beziehungen an sich und wer das Subjekt, das in Beziehung tritt (und ist Subjekt hier überhaupt das richtige Wort)? Besonders beeindruckend empfanden wir den Vortrag über Levinas, der von der Frage ausging, welche ethischen Verpflichtungen dem Kasperle aus Räuber Hotzenplotz im Ruf des unbekannten Anderen erwachsen. Womit die Brücke zur Literatur und Kunst geschlagen wäre, die Beziehung und Liebe mittelbar darstellen (ob in Literatur oder im Film) aber auch selbstreflektieren und empirisch dem Blick nachforschen, mit dem der Betrachter das Kunstwerk wahrnimmt. Die Werkzeuge, derer sich die Forschung von Raphael Rosenberg dabei bedient, wären nicht möglich, ohne angewandter Forschung und Grundlagenforschung in der Naturwissenschaft, wobei Franz Rammersdorfer eindrücklich zeigen konnte, dass eine klare Unterscheidung nicht möglich ist und nur durch Austausch und Lernen voneinander Fortschritt möglich ist. Eine Aussage, die auch in Politik und Gesellschaft Geltung hat. Uns wurden Einblicke in die Praxis der Diplomatie zwischen Staaten (Thomas Mayr Hartig) und zwischen Konfessionen (Dietmar Winkler) gewährt, die das Gefühl vermittelten, dass der Lauf der Welt von vielen kleinen Gesten und einem Geflecht von Beziehungen stärker bestimmt wird, als von den großen Resultaten, die in die Geschichtsbücher Eingang finden.
Doch es wäre keine Sommerakademie, stünde nicht neben der Theorie genügend Raum für Praxis. Raum, um in Beziehung zutreten: Ob beim Walzer-Tanzen im Prunksaal oder beim Interpretieren des Deckenfreskos, beim gemeinsamen Essen und Grillen, beim Singen im Chor, beim Beisammensein bis spät in die Nacht, beim Fußballspielen und Laufen durch das tschechische Outback, bei den Workshops, beim Schreiben, Filmen und Theaterspielen und in den vielen vielen Diskussionen. Raum dafür, zu erkennen, wie viel wahrhaftiger wir in die Welt gestellt sind, wenn wir mit ihr in Beziehung treten. Wir wünsche euch, dass ihr beim Lesen der Zusammenfassungen, diesen Lebens-Raum Sommerakademie ein wenig nachfühlen könnt und dieser Rückblick die Vorfreude auf die kommende Akademie wachsen lässt.
Wir sind unsagbar dankbar, dass ihr uns ermöglicht habt, so tief in die Thematik einzutauchen, unsere Ideen einzubringen und die SoAk 2017 ein bisschen als unser Baby zu betrachten und wünschen den Jahressprechern 2018 alles Gute, und dass euch die Vorbereitung und Durchführung auch solche Freude bereitet, wie uns.
Isabella, Julia und András
Das Programmheft gibt Einblick in die Aktivitäten bei der Sommerakademie, der Reader umfasst Beiträge, die PRO SCIENTIA StipendiatInnen zum Thema “Beziehungen” verfasst haben.